Nach fünf Jahren: Für Solidarität mit der Betroffenen & gegen Täterschutz in Gotha (Thüringen)

Ein Statement vom “Antisexistischen Support Erfurt” und Unterstützer:innen der Betroffenen. Wir solidarisieren uns mit der Betroffenen und teilen das Statement.

EINLEITUNG: Was ist das Ziel dieses Textes?

Dieser Text soll die Betroffene dabei unterstützen, einen Abschluss mit dieser Gewalterfahrung zu finden. Er soll helfen, ihr Ruhe zu verschaffen, statt des anhaltenden Drucks, dem sie immer wieder ausgesetzt wird, sich rechtfertigen, erklären und verteidigen zu müssen.

Der Text soll informieren über das Geschehen im Nachgang der Tat, über das Gerichtsverfahren – und über die Fortsetzung von Gewalt durch Raumnahme des Täters, durch Täterschutz, Victim Blaming sowie Anfeindungen und Einschüchterungen gegen die Betroffene und betroffenensolidarische Menschen in der Gothaer Szene im und um das Haus des Ju.W.E.L e.V.

Der Text thematisiert nicht die Tat selbst. Unter dem Text sind vorherige Veröffentlichungen, Statements und Solidaritätserklärungen verlinkt, die darauf eingehen. Mit dem Text fordern wir solidarisches Handeln von Menschen und Strukturen ein.

DAS GERICHTSVERFAHREN

Die Vergewaltigung wurde zwischen 2021 und 2023 in drei Terminen vor Gericht verhandelt. An dem Verfahren zeigte sich – wie so oft – dass die deutsche Justiz in der Regel keinen adäquaten Schutz und keine Gerechtigkeit für Betroffene von patriarchaler und sexualisierter Gewalt bietet. Oft sind die einzigen Beweise für die Tat die Aussage der Betroffenen selbst, was für eine Verurteilung nicht ausreicht. Auch in Gotha erfolgte so im November 2023 ein Freispruch für den Täter. Durch antifeministische Akteur*innen wurden inzwischen diverse Falschinformationen über den Prozess und die Betroffene verbreitet. Auch deshalb wollen wir kurz berichten, wie das Verfahren tatsächlich verlaufen ist:

Das Gerichtsverfahren streckte sich über mehr als zwei Jahre, was für sich schon eine enorme anhaltende Belastung für die Betroffene darstellte. Die Tage im Gericht waren von einer angespannten und unangenehmen Stimmung geprägt. Zwar waren mit der Betroffenen solidarische Menschen im Publikum anwesend, um ihr den Rücken zu stärken und den Prozess zu beobachten, doch auch viele Unterstützer*innen des Täters waren dort und nahmen sich Raum.

Doch auch (vor allem männliche) Akteure des Gerichts machten den Prozess zu einer noch belastenderen Erfahrung als ohnehin schon. So gab sich ein Schöffe, der neben der Berufsrichter*in für das Verfahren als ehrenamtlicher Richter berufen war, im Prozess wiederholt erkennbar belustigt – im Angesicht der Tat und gegenüber der Betroffenen einfach respektlos. In Prozesspausen führte er heitere, fast schon freundschaftlich wirkende Gespräche mit dem Anwalt des Täters. Ein solches Verhalten verunsichert und vermittelt mindestens den Eindruck von Befangenheit. Immerhin wurde jener Schöffe vom Gericht auf Antrag der Betroffenen ausgetauscht. Auch das Justizpersonal fiel während der Verhandlung durch Lachen und Tuscheln auf, beim Einlass war der Umgang mit Prozessbegleiter*innen oft ruppig. Auf Kritik und Bitte um Sensibilität durch Unterstützer*innen wurde uneinsichtig abgewunken.

All dies macht die Erfahrung im Gericht noch unangenehmer, belastender und unzumutbarer für Betroffene patriarchaler Gewalt. Es verstärkt vielmehr die Zweifel an der Neutralität und Professionalität des Gerichts. Das unterstreicht nicht zuletzt, wie wichtig eine solidarische Unterstützung und Begleitung von Betroffenen auch in solchen Verfahren ist.

Durch die Verschleppung des Prozesses war die Betroffene gezwungen, insgesamt viermal auszusagen und ausführlich von der Gewalttat, die ihr widerfahren war, zu berichten. Die Anwälte des Täters fuhren ab dem ersten Verhandlungstermin im Mai 2021 vor Gericht eine konsequent aggressive Strategie. Die Betroffene wurde von ihnen auf herablassende, respektlose und misogyne Weise, teils suggestiv, befragt. Systematisch versuchte der Verteidiger, die Betroffene zu pathologisieren und als unglaubwürdig darzustellen. Mitunter wurde mindestens zehnfach wiederkehrend und unterstellend nach dem Alkoholkonsum der Betroffenen am Abend der Tat „gefragt“. Schließlich forderte der Verteidiger des Täters ein aussagepsychologisches Gutachten ein, dem sich die Betroffene unterziehen musste. Das Verfahren wurde daraufhin bis auf weiteres unterbrochen. Das Gutachten wurde von einer vom Gericht beauftragten Fachpsychologin für Rechtspsychologie schließlich erst im April 2023 erstellt – und damit mehr als dreieinhalb Jahre nach der Tat. Nicht zuletzt die Erstellung des Gutachtens sorgte für eine lange Verzögerung des Verfahrens.

Der zweite Verhandlungstermin im Oktober 2022, bei dem alle Zeug*innen und Gutachterin anwesend waren, musste kurz nach Beginn des Termins wieder abgebrochen werden, da der Täter am Morgen telefonisch kundtat, er habe einen positiven Covid-19-Test.

Am dritten Verhandlungstag im November 2023 erfolgte der Freispruch. Am Ende machte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer deutlich, dass sie der Betroffenen keine Lüge unterstellte. Der Vorwurf sei nicht ausreichend durch ihre Erinnerung nachweisbar. Doch selbst die Staatsanwältin bekräftigte, dass der Betroffenen in jedem Fall in jener Nacht etwas passiert sein muss. Die darüber hinaus dokumentierten körperlichen Verletzungen und die Aussagen von Zeug*innen, welche die Betroffene nach der Gewalterfahrung erlebt hatten, reichten offenbar nicht aus. Letztendlich folgte der Freispruch für den Täter.

Es zeigt sich wieder mal, wie schwer ein solcher Prozess für Betroffene ist: Betroffene Menschen werden gezwungen, Intimstes offenzulegen, während eine Aussageverweigerung des Täters hingenommen wird. Umso mehr ist hervorzuheben, mit welcher Stärke die Betroffene dieses Gerichtsverfahren durchgestanden hat. In ihren letzten Worte im Prozess betonte sie:

Ich weiß, was du getan hast. Du weißt das.
Ich habe keine Angst mehr vor dir.
Du kannst mir nichts mehr tun.

Wir stehen voll und ganz hinter dir. Der Ausgang des Verfahrens sagt nichts über den Wahrheitsgehalt des Geschehenen aus. Wir glauben dir.

ZUR SITUATION UND TÄTERSCHUTZ IM UND UM DAS JU.W.E.L.

Schon vor der Vergewaltigung und den darauf folgenden Schikanen gegen die Betroffene war das Ju.W.E.L. geprägt von physischer und auch psychischer Gewalt durch Einzelpersonen gegen aktive und ehemalige Bewohner*innen, Unterstützer*innen und auch Besucher*innen. Sexistische, homophobe und ableistische Kommentare aus dem aktiven Umfeld waren und sind keine Ausnahme. Statt einer transparenten Aufarbeitung des Vereins wurden Menschen manipuliert und belogen. Gegenüber Betroffenen von sexueller und körperlicher Gewalt wurde Victim Blaiming betrieben. Vielen blieb nur das Verlassen des Projekts und der Umzug in andere Städte.

Seit der Vergewaltigung im September 2019 sind nun 5 Jahre vergangen – von der durch das Projekt angekündigten Transparenz und Aufarbeitung des Vorfalls keine Spur.

Da aus dem Umfeld des Projekts bis heute Unwahrheiten zum Vorfall und zum Ablauf des Gerichtsprozesses sowie Diffamierungen gegen die Betroffene geäußert werden, ist davon auszugehen, dass weder der Täter noch sein Umfeld sich bis heute mit der Tragweite und den Konsequenzen patriarchaler Gewalt beschäftigt haben. Obwohl eine Einzelperson im Projekt versucht hat, das Thema zu setzen und eine entsprechende Aufarbeitung anzustoßen, fehlt der Wille zu einer ehrlichen Auseinandersetzung im restlichen Verein. Es hält sich der Eindruck, dass die Problematisierung der täterschützenden Strukturen aus der Öffentlichkeit herausgehalten werden soll, um ungestört und bequem mit der alltäglichen Arbeit im Ju.W.E.L. weiterzumachen.

Stattdessen wurde der Betroffenen online von Vorstandmitgliedern des Ju.W.E.L. e.V. „psychische Gewalt“ und eine „Hetzkampagne“ vorgeworfen, weil sie eine scheinheilige Aktion zum „Tag der Gewalt an Frauen“ kritisierte. Die Kritik übte sie zu Recht, wenn man beispielsweise betrachtet, wie im Ju.W.E.L. seit Jahren antifeministischen Künstler*innen eine Bühne geboten wird und weiterhin mindestens eine gewaltausübende Person im Haus wohnt. Letztlich wurde besagter Beitrag durch den Verein selbst gelöscht und weitere Kritik wurde durch den Ausschluss von Personen aus der Online-Diskussion verunmöglicht.

Der Fall, über den wir hier schreiben, ist kein Einzelfall. Immer wieder sehen sich Betroffene von sexualisierter Gewalt mit fehlender Unterstützung durch das Projekt konfrontiert, während Tätern eben jene Unterstützung gewährt wird. Betroffene, ihre Erlebnisse und ihre Forderungen werden nicht ernst genommen oder gar herabgewürdigt.

Das Ju.W.E.L. ist kein Schutzraum für Betroffene und solange sich das nicht ändert, ist es ein unsicherer Raum für uns alle.

AUFRUF ZUR SOLIDARITÄT

Es braucht ernst gemeinte Aufarbeitung, keine Chance patriarchalen Gewaltstrukturen!

In Solidarität mit der Betroffenen bitten wir Menschen, die Kontakt zu dem Täter haben: Distanziert euch von ihm, gebt ihm keinen Raum – keinen Raum für seine Behauptungen, sein Verhalten, gebt ihm keine Fläche für seine Graffitis.

Wir bitten alle Menschen: Wenn wir wollen, dass sich solche Gewalt in unseren Umfeldern nicht immer wieder wiederholt, liegt es in unserer gemeinsamen Verantwortung, dafür zu sorgen. Bitte seid aufmerksam. Glaubt betroffenen Menschen, hört zu, lasst sie nicht alleine, unterstützt sie. Stellt euch solidarisch an ihre Seite gegen Anfeindungen und Einschüchterungsversuche. Schafft und gestaltet gemeinsam Räume, in denen wir uns auffangen und aufeinander aufpassen.

An alle betroffenen Menschen: Ihr seid nicht allein.

LINKS

Outcall der Betroffenen aus Gotha, veröffentlicht am 18.02.2020:

https://de.indymedia.org/node/66772 (TW: sexualisierte Gewalt)

Statement des Ju.W.E.L., veröffentlicht am 24.02.2020:

https://de.indymedia.org/node/67916

Das veto aus Erfurt und das AK40 aus Suhl sowie die AGST haben sich solidarisch zu den Umständen geäußert:

veto: „Solidarität mit der Betroffenen des sexuellen Übergriffs im Juwel (Gotha)“, veröffentlicht am 15.04.2020:

https://veto.blackblogs.org/2020/04/15/solidaritaet-mit-der-betroffenen-des-sexuellen-uebergriffs-im-juwel-gotha/

Antifaschistische Gruppen Südthüringen (AGST): „Solidarität mit den von sexualisierter Gewalt betroffenen Genoss:innen in Thüringen!“, veröffentlicht am 09.07.2021:

https://agst.noblogs.org/post/2021/07/09/solidaritaet-mit-den-von-sexualisierter-gewalt-betroffenen-genossinnen-in-thueringen/

AK40: „Solidarität mit der Betroffenen aus Gotha!“, veröffentlicht am 18.10.2021:

https://ak40.noblogs.org/post/2021/10/18/solidaritaet-mit-der-betroffenen-aus-gotha/

#NOEXTRADITION

Gegen die Auslieferung von Antifaschist:innen

Mehreren Antifaschist:innen droht aktuell die Auslieferung nach Ungarn. Ein Land, das seit Jahren in der Kritik von Menschenrechtsorganisationen steht und wiederholt für seine politisch einseitige Justiz gerügt wurde. Mit der Kampagne “#NOEXTRADITION – Keine Auslieferung von Antifaschist:innen” wollen wir dies verhindern.

Hintergrund der drohenden Auslieferung sind Ermittlungen gegen mehrere Antifaschist:innen, denen vorgeworfen wird, an Auseinandersetzungen mit Neonazis im Februar 2023 in Budapest beteiligt gewesen zu sein. Dort findet jedes Jahr der sogenannte “Tag der Ehre” statt, ein internationales Großtreffen von Neonazis. Die Veranstaltung dient dem geschichtsrevisionistischen Gedenken an einen Ausbruchsversuch von SS-Truppen und Wehrmachtssoldaten kurz vor der Befreiung Budapests durch die Rote Armee.

Im Dezember 2023 wurde Maja im Kontext dieses Ermittlungsverfahrens festgenommen und befindet sich aktuell in Untersuchungshaft. Nach einem Antrag auf Auslieferung durch die ungarischen Justizbehörden wurde ein entsprechendes Verfahren am Kammergericht Berlin eingeleitet, bei dem in den kommenden Wochen eine Entscheidung über die Auslieferung ansteht. Gleichzeitig wartet Gabriele in Mailand im Hausarrest auf die Entscheidung über seine Auslieferung. Währenddessen suchen die Behörden in diesem Zusammenhang nach mindestens zwölf weiteren jungen Personen, denen dasselbe Szenario drohen könnte.

Kein fairer Prozess

Ungarn wird mittlerweile selbst vom EU-Parlament nicht mehr als vollwertige Demokratie betrachtet, sondern als “Wahlautokratie”, welche systematisch und vorsätzlich die vereinbarten grundlegenden Werteuntergräbt, die Meinungs- und Pressefreiheit massiv einschränkt, demokratische Kontrollinstanzen ausschaltet und politische Gegner:innen kriminalisiert. 2022 wurden Milliardenzahlungen der EU an Ungarn eingefroren , da sich das Land nicht an vereinbarte rechtsstaatliche Reformen gehalten hat. Viele EU-Abgeordnete fordern außerdem, dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán das Stimmrecht im Rat zu entziehen, weil Ungarn trotz jüngster Reformen nicht die europäischen Standards bei der Unabhängigkeit seiner Justiz erfülle.

Sowohl Amnesty International als auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kritisieren die zunehmende Einschränkung der richterlichen Unabhängigkeit in Ungarn. Die rechtspopulistische ungarische Regierung unter Viktor Orbán hat wiederholt unliebsame Richter:innen und Staatsanwält:innen mit Disziplinarmaßnahmen und Suspendierungen eingeschüchtert. Ein Beispiel für die politische Einseitigkeit des Landes ist die Begnadigung eines verurteilten Rechtsterroristen durch die ungarische Staatspräsidentin im vergangenen Jahr. Selbst die Organisatoren der neonazistischen “Tag der Ehre“-Veranstaltung werden durch die Regierung finanziell mit Mitteln der Tourismusförderung unterstützt.

Reporter ohne Grenzen bemängeln zudem eine Medienlandschaft unter Kontrolle der Regierung. Nach dem Erlass eines neuen Mediengesetzes 2010 wurden große Teile der Fernseh- und Radiolandschaft zentralisiert. Eine wenig später geschaffene, durch die Regierung besetzte Medienbehörde macht es möglich, Medien zu kontrollieren und abzustrafen. In der Konsequenz findet kritischer und investigativer Journalismus in Ungarn so gut wie nicht mehr statt und die großen Tageszeitungen und Fernsehsender wiederholen lediglich staatliche Narrative. Dementsprechend ist die Berichterstattung aufgrund der fehlenden Unabhängigkeit und der staatlichen Kontrolle stark rechtskonservativ geprägt.

In Anbetracht der genannten Tatsachen und der politischen Lage in Ungarn müssen wir davon ausgehen, dass die betroffenen Antifaschist:innen im Falle einer Auslieferung kein unabhängiges Verfahren erwartet.

Überzogenes Strafmaß und menschenunwürdige Haftbedingungen

Bereits im Februar 2023 wurden zwei Antifaschist:innen aufgrund derselben Ermittlungen in Budapest inhaftiert. Nun soll ihnen ab Ende Januar 2024 in Ungarn der Prozess gemacht werden. Im Falle der inhaftierten italienischen Antifaschistin Ilaria fordert die Staatsanwaltschaft aktuell eine Haftstrafe von bis zu 16 Jahren. Sollten Maja oder andere Antifaschist:innen ausgeliefert werden, droht ihnen ein Strafmaß von bis zu 24 Jahren Freiheitsstrafe und eine Untersuchungshaft, die sich nahezu unbegrenzt verlängern lässt. Die erwarteten Haftstrafen sind somit um ein Vielfaches höher als in Deutschland, bei inhumanen Bedingungen. Menschenrechtsorganisationen wie etwa das Helsinki Committee for Human Rights machten schon in der Vergangenheit auf die katastrophalen Bedingungen in ungarischen Haftanstalten aufmerksam.

Auch die bereits in Ungarn inhaftierte Antifaschistin Ilaria berichtet von menschenunwürdigen Bedingungen und Schikane. So durfte Ilaria die ersten 6 Monate ausschließlich mit ihrem Anwalt kommunizieren und hatte keinen Kontakt zu Angehörigen. In einem 18-seitigen Brief berichtet sie mitunter von 23 Stunden Einschluss in einer nur dreieinhalb Quadratmeter großen Zelle und von Verhören ohne Verteidiger:in oder Dolmetscher:in, von Unterernährung und katastrophalen hygienischen Bedingungen. Neben unzureichender Belüftung im Sommer und Kälte im Winter sind die Zellen von Mäusen, Kakerlaken und Bettwanzen befallen.

Falls einer Auslieferung stattgegeben wird, bedeutet das für Maja, Gabriele und alle anderen Betroffenen womöglich eine Haftstrafe im zweistelligen Bereich, unter menschenunwürdigen Haftbedingungen und Untersuchungshaft über 1000 Kilometer entfernt von Familie und Freund:innen.

Vorverurteilung der Beschuldigten

Das Ermittlungsverfahren der ungarischen Behörden gegen die beschuldigten Antifaschist:innen wurde von Anfang an durch eine mediale Berichterstattung großer ungarischer Tageszeitungen begleitet, welche die Teilnehmer:innen an den Veranstaltungen rund um den “Tag der Ehre” als einfache Tourist:innen und die Beschuldigten als brutale Gewalttäter:innen darstellte.

Während in Italien der Fall der inhaftierten Antifaschistin Ilariamittlerweile Gegenstand einer großen kritischen Öffentlichkeit ist, wurde in Deutschland die einseitige Berichterstattung der ungarischen Medien zum Verfahrenskomplex bisher nicht hinterfragt und zum Teil wortwörtlich übernommen.

Dabei fand neben der Übernahme rechter Narrative eine massive Vorverurteilung der Beschuldigten statt. Auch Vertreter deutscher Sicherheitsbehörden betonten in Interviews immer wieder die vermeintliche Gefährlichkeit der jungen Antifaschist:innen.

All dies geschieht zu einer Zeit, in der Faschist:innen europaweit an Land gewinnen, in der auch in Deutschland eine faschistische Partei bald wieder mit einer Mehrheit in Parlamente einziehen könnte und sich mit gut vernetzten Neonazis organisiert, um die Deportation großer Teile der Bevölkerung zu planen. Es muss sich wieder bewusst gemacht werden, welchen Stellenwert Antifaschismus in unserer Gesellschaft haben sollte. Eine derartige Kriminalisierung von Antifaschist:innen vor dem Hintergrund einer erstarkenden neuen Rechten, deren Inhalte zunehmend salonfähig werden, verschleiert die reale Bedrohung für die Gesellschaft.

Daher fordern wir:

Eine klare Absage an die Auslieferung der Beschuldigten nach Ungarn – egal ob aus Deutschland oder Italien!

Die sofortige Rücküberstellung der dort Inhaftierten in ihre Heimatländer!

Die Chance auf ein faires Verfahren für alle Betroffenen!

Wir sind alle LinX